Wolfgangs Blog
Reiseberichte von Orten an denen ich niemals war und solchen, die ich wirklich gesehen habe
Loveparade in Duisburg
Ja, ich war gestern auf der Loveparade, ja ich bin auch durch diesen Tunnel gelaufen, und ja, ich war um halb sechs weit genug weg von der Massenpanik.
Ein paar Dinge brennen mir noch auf der Seele, vielleicht ist das auch eine Art der Verarbeitung. Ich möchte euch ein paar Dinge erzählen, wie wir es dort wahrgenommen haben. Einige meiner Eindrücke weichen von dem ab, was ich seither gelesen und gehört habe.
Der Veranstalter meinte, mit 300.000 Besuchern gerechnet zu haben. Das ist Schwachsinn. Niemand hat mit so wenigen Besuchern gerechnet. Der Mensch der den Antrag auf Genehmigung geschrieben hat, derjenige der ihn unterschrieben hat, derjenige der das Sicherheitskonzept ausgearbeitet hat, sie alle haben es gewusst, wie viele Menschen eine Loveparade besuchen. Jeder hat es gewusst. Garantiert.
Viele haben sich darüber aufgeregt, dass die Musik weiterlief und die Party weiter gehen sollte. Diesen Standpunkt kann ich wirklich nicht nachvollziehen. Ich stand vor der Hauptbühne, mitten in der Masse. Wenn dort eine weitere Panik ausgebrochen wäre und diese Herde in Bewegung geraten wäre, hätte es deutlich mehr Tote gegeben. Daher war es vollkommen richtig.
Ich hatte nicht den Eindruck, dass die Polizeibeamten vor Ort überfordert waren, diesen Eindruck hatte ich eher von den zivilen Ordnern, die der Veranstalter eingesetzt hat. Ich wollte aus einem ausgeschilderten Notausgang das Gelände verlassen, ich wurde von mehreren dieser Ordner aufgehalten, ich dürfte hier nicht durch. Vor und nach dem betreffenden Tunnel waren in regelmässigen Abständen Order postiert. Dirket vor dem Tunnel wurden es plötzlich mehr, im Tunnel selbst gar niemand. Es würde mich nicht überraschen, wenn die dort postierten Ordner den Tunnel gemieden haben.
Was Polizei und Feuerwehr falsch gemacht haben, ist die technische Ausstattung. Ein Feuerwehrmann, den ich nach dem Erlebnis am Notausgang gefragt habe, wo ich das Gelände verlassen kann, sagte, er könne es nicht herausfinden, denn sein Funkgerät habe nicht die ausreichende Reichweite. Aber das Behörden in Deutschland Uralt-Funk einsetzten ist eine seit langem bekannte Tatsache.
Angeblich haben die meisten Besucher erst nach der Party von der Katastrophe erfahren. Das war nicht so. Fast jeder auf dem Gelände wusste es irgendwann. Willkommen im 21. Jahrhundert. So konnten viele von uns langsam und gesittet des Gelände verlassen, bis die Party um 23 Uhr abgebrochen wurde. Wir hatten aber grosse Probleme unseren Familien und Freunden mitzuteilen, dass wir in Ordnung waren, weil die Handynetze total überlastet waren.
Jetzt hält man mir bestimmt vor, es hätten noch zehntausende danach weitergefeiert, weil sie es nicht wussten. Japp, haben sie. Aber eineinhalb Millionen minus ein paar zehntausend sind "fast jeder".
Und nur damit das nicht untergeht: bis halb sechs war das ganze eine Party, und zwar eine sehr gute. Dort waren alle möglichen Menschen, alte und junge, aus allen Teilen der Welt, Rollstuhlfahrer und Familien mit ihren Kindern. Auch der Musikgeschmack spielte anscheinend keine Rolle, Rocker, Chart-Fans und selbst Hip-Hopper haben mit den Ravern da gefeiert. Es war friedlich und hat allen Spass gemacht.
erstellt von Wolfgang am 28.07.2010, 22:39 Uhr
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